Hans Georg Thümmel
* Görlitz 5. März 1932 † Greifswald 13. Juli 2022
Hans Georg Thümmel wurde 90 Jahre alt. Er gehörte zu den lebenssprühenden Menschen, die anderen auf Augenhöhe begegneten. Er war bis ins hohe Alter voller Energie, Zuversicht, guter Laune und ansteckendem Esprit. Seine größte Passion war die Bilderwelt des Christentums. Die Verbildlichung der Hoffnungskraft des christlichen Glaubens erforschte und lehrte er gut 60 Jahre lang mit Humor und riesigem Kenntnissreichtum. Er zählte sich zu den Wahrheitsfanatikern und liebte alle Nonkonformisten und schrägen Vögel. Seinen "sozialistischen Erziehungsauftrag" an der Greifswalder Universität fasste er dialektisch auf und tat das genaue Gegenteil. Er war ein Ermutiger, der sich die feste Regel vorsetzte, Widerwärtigkeiten nicht ernst zu nehmen. Er wusste, dass er sterben würde und war dazu bereit, als er seine Kräfte schwinden spürte. Er atmete aus, als seine Kinder bei ihm das Abendessen beendet hatten. Auf seiner Trauerfeier wurde vorgetragen, was er 28 Jahre vor seinem Tod als Hoffnung formuliert hatte:
Und eines Tags, wenn wir nach deinem Willen,
o Gott, aus diesem Leben gehn,
wirst du die letzte Sehnsucht stillen,
und alles wird, als wär es nie geschehn.
Und eines Tags wird alles Fragen enden,
wir schreiten durch die dunkle Wand,
uns ist, als ob wir heimwärts fänden,
wir geben uns in deine offne Hand.
Du baust vor uns das Kreuz als sichre Brücke
und überwindest, was uns trennt,
der Mann der Schmerzen schließt die Lücke,
der alle unsre bittern Nöte kennt.
Und all das Fehlen und all das Versagen
und alle Bosheit, aller Trug
vergeht wie Schnee an Frühlingstagen,
wir haben dich, und du bist uns genug.
Wir werden wie im Traume aufwärts schreiten,
und hell wird unser Lachen sein,
wir lösen uns von allen Zeiten
und gehen froh in deine Freude ein.
Und eines Tags wird es an uns geschehen,
das Wunder, das Verwandlung bringt.
Wir kennen nur noch eins: dich sehen,
und alles, alles andere versinkt.
Hans Georg Thümmel, 1994 (vgl. 1Joh3,2)