* Mainz 25. Mai 1918 † Riemerling bei München 22. Juni 2021
„Korrekt“ und „menschlich“: Das sind zwei Begriffe, mit denen er gut beschrieben werden kann. Er war fleißig, beruflich erfolgreich, immer sehr gründlich, seinem Dienstgeber und seiner Familie gegenüber völlig selbstverständlich loyal. Aber er hatte gleichzeitig auch eine ausgesprochen menschliche Seite. Er war nicht gerne alleine. Als seine Ehefrau vor 23 Jahren verstorben ist, war er schnell wieder liiert. Mit Lilly hat er dann abermals eine liebevolle und innige Partnerschaft erlebt. Er war empfänglich für alles, was das Leben schön macht. Gutes Essen, guter Wein? Ja, da ist er aufgelebt!
Am Ende hat er sehr oft von seinen Kriegserlebnissen erzählt. Er hat erzählt, dass er zunächst einen ungefährlichen Schreibtischjob hatte, weit weg von allen Fronten. Aber dass er sich dann nicht drücken wollte, sondern dass er freiwillig zur Luftwaffe gegangen ist. Als Bordfunker ist er dann viele oft gefährliche Einsätze geflogen. Sein ehemaliger Vorgesetzter, ein Major, hat das nicht verstanden: Warum den sicheren Schreibtisch gegen das hohe Risiko von Feindflügen eintauschen? Aber für ihn war das einfach eine Frage des Charakters. Sich nicht zu drücken, nicht raffiniert einen möglichst ungefährlichen und bequemen Weg zu gehen – das war seine Lebenseinstellung. Und wahrscheinlich kam auch noch ein bisschen Abenteuerlust dazu. Er ist unglaublich gerne geflogen. Er hat gerne erzählt, wie schön der Sonnenaufgang über dem Elbrus aus dem Flugzeugfenster betrachtet ausgesehen hat. Der Kriegseinsatz war für ihn eine Charakterfrage und ein bisschen ein Abenteuer. Aber das Töten und der Hass waren nichts für ihn. Wenn er von den scheußlichen Seiten des Krieges erzählt hat, dann hat sich sein Gesichtsausdruck sofort verändert. Das fand er ekelhaft und abstoßend. Als in der Nähe seines Flugplatzes mal ein feindlicher Flieger abgeschossen wurde und die Besatzung sich mit Fallschirmen retten konnte, da war ihm wichtig, diese Menschen vor dem Gelyncht-Werden zu schützen und sie menschlich korrekt zu behandeln.
Mich haben die Gespräche mit ihm immer sehr berührt. 103 Jahre? Da ist Lebensgeschichte irgendwie immer auch ein Blättern in Geschichtsbüchern und wir sind auf Seiten gestoßen, von denen heute kaum mehr jemand aus eigenem Erleben berichten kann.